Ich war heute morgen einkaufen.
Beim Einfahren auf den Parkplatz vor dem Supermarkt wunderte ich mich, daß es um diese Zeit (es war gerade mal 10:00 Uhr) schon so voll war, fast wie an einem Freitag.
Wegen der hohen Corona Zahlen im Stadtgebiet gibt es am Eingang jetzt wieder eine genaue Kundenzählung und es hatte sich dort eine kleine Schlange wartender Kunden gebildet. Wobei mir auffiel, daß das mit dem „Schlange bilden“ nicht jedermanns Sache ist: ein paar Leute versuchten, sich von rechts zwischen die Wartenden zu mogeln und wurden mit einem rüden „HINTEN ANSTELLEN!“ schonungslos auf ihr Fehlverhalten hingewiesen.
Nach ein paar Minuten Geduld konnte mein Einkaufserlebnis endlich beginnen. Kaum hatte ich die Gemüseabteilung hinter mir gelassen, fing prompt meine Nase an zu laufen. „Jetzt bloß nicht niesen!“ dachte ich. Man hat ja schon viele Geschichten gehört, wo ein harmloser Bürger im Geschäft niesen mußte, von einer Horde bulliger Security Leute, die hinter Regalen und Stellwänden lauern, überwältigt und in hohem Bogen aus dem Laden geworfen wurde. Diesen Streß wollte ich mir tunlichst ersparen.
Als mich die Wurstfachverkäuferin mit einem freundlichen „Einen schönen Feiertag“ verabschiedete, war ich zunächst verwirrt. „Was denn für ein Feiertag? Morgen ist doch ganz normal Freitag.“ Dann fiel es mir jedoch wie Schuppen aus den Haaren: Samstag ist 1. Mai!
Da kann man nicht einkaufen!
Deswegen sind die Leute heute schon freitagsmäßig unterwegs!
Und morgen sind sie samstagsmäßig unterwegs, dann wird es noch voller sein!
Beim Verlassen des Ladens gab es eine kurze Rangelei: ein Angestellter in Hemd und Schlips bahnte sich einen Weg durch die Wartenden und gab Kommandos „Frau Müller, lass mal die Leute rein. Ne, nicht zählen! Gehen Sie rein, gehen Sie rein“.
Mit weit ausholenden Gesten dirigierte er die Menschen- und Einkaufswagenmassen „Gehen Sie alle nach recht rüber! Bilden Sie eine Schlage hier am Laden entlang! Nicht auf dem Parkplatz stehen bleiben!“
Es hatte sich in der Zwischenzeit eine lange Reihe wartender Kunden gebildet, die quer über den Parkplatz standen, zwischen parkenden und ein- und ausfahrenden Auto, sichtlich gereizt und ungeduldig.
Da war ich mir dann sicher: ja, wir Deutschen können keine Schlange! Auch nach einem Jahr Corona nicht.