Die Welt um mich herum in Fotos und Texten

Monat: Juli 2011

Buntbärs Buchkritik: Petra van Cronenburg, Nijinsky

Irgendwann bin ich bei/über Twitter auf Petra van Cronenburg und ihr Blog gestoßen. Die Frau schreibt interessant, amüsant und kann vor allem auch über sich selbst lachen (Der im Text zitierte Nerd war übrigens ich.)

Sie arbeitet als Autorin, Texterin und Übersetzerin (Französisch, Polnisch, Italienisch) und lebt im Elsaß.

Eines Tages fing Madame (wie sie sich manchmal selbst nennt) an, verstärkt über ihr neues Buchprojekt zu berichten: irgendwas mit Ballett. Nun ist Tanzen für mich mit dem Deutschen Fernsehballett (Hiiilfeee!), Schwanensee (seltsames Rumgehopse), Pina Bausch (grauslich!) und Detlef D! Soost (Pamm! Pamm! Pamm!) eher negativ belegt. In der Popmusik wird ja allgemein nur zu gerne durch aufwändige Tanzdarbietungen („Choreo“, wie man neudeutsch sagt) von mangelhafter Musik abgelenkt. Die Einzigen, bei denen eine Choreografie cool aussieht, sind ZZ Top!

So dachte ich, wer schon bei den verrückten Franzosen wohnt, aus unverständlichen Sprachen übersetzt und dann noch über’s Tanzen schreibt, das kann ja nix werden.

Mit der Zeit wurden Petras Posts zum Buch mehr, sie verwies auf ihr spezielles Blog zum Thema und ich habe dort mal nachgelesen. Allerdings war mir unverständlich, wen ein russischer Tänzer interessiert, der schon Jahrzehnte tot ist. Und kennt überhaupt jemand diesen Nijinsky?

Um es kurz zu machen: Madame hat mich beeindruckt mit ihren Berichten über die Entstehung des Buches, wie sie Fotos und den richtigen Einband dafür suchte, Korrektur las, Stellen änderte und ergänzte, manches Mal verzweifelte und dann wieder neuen Mut fand. Und jetzt darf ich mich zu einem der ersten Käufer ihres Buches zählen!

Nijinsky

Das Buch wird nach dem Prinzip „Books on Demand“ erst nach der Bestellung hergestellt, deswegen dauerte die Lieferung etwas länger. Wer jetzt ein billig zusammengekleistertes Machwerk erwartet, wird angenehm überrascht: es ist ein ordentlich produziertes Buch mit Hardcover-Einband, einer Farb- und 21 schwarz-weiß Abbildungen. Allerdings finde ich die Schrift etwas zu klein, für meine altersschwachen Augen könnte sie 2 Pixel größer sein.

Bis jetzt habe ich das Buch nur teilweise gelesen. Der Stil erinnert mich etwas an ZDF History mit Guido Knopp, was dem Thema sehr gut steht. Der Verlag bezeichnet das Buch als Biografie; es ist meiner Meinung nach aber keine, weil die Autorin sich nicht mit Lebensdaten und -orten beschäftigt, sondern eindringlich Nijinskys Kunst und Wirkung auf seine Mitmenschen beschreibt.

Leider gibt es von Nijinsky keine Fotos oder Filmaufnahmen aus Vorstellungen; sein Manager es nicht erlaubte. Das Publikum sollte sein Können nur vor Ort, direkt im Theater erleben können. Trotzdem gelingt es der Autorin, das Besondere und Revolutionäre an Nijinskys Tanzkunst so bildhaft zu schildern, daß ich es mir sehr gut vorstellen kann.

Abgerundet wird das Buch von ausführlichen Interviews mit dem Choreografen Ralf Rossa und dem Kurator der Prinzhorn-Ausstellung Michael Braunsteiner.

Abschließend muß ich sagen, daß das Buch meine Einstellung zu Tanz und Ballett nicht geändert hat, was wohl auch nicht Absicht der Autorin ist. Aber ich habe dadurch einen Menschen kennen gelernt, der wie so viele vor und nach ihm, sein Leben der Kunst gewidmet und diese zu neuen Ufern geführt hat, auch gegen das Unverständnis mancher Zeitgenossen.

Ich vergebe für dieses Buch eine klare Kaufempfehlung an alle, die sich für Ballett interessieren.

Korrektur am 29.07.2011: Petra übersetzt nur aus dem Französischen ins Deutsche

Alt und neu

Vor fast 20 Jahren habe ich auf dem örtlichen Weihnachtsmarkt Tintenroller und Füller gekauft. In elegantem schwarz/grün mit goldenen Elementen, vom Gewicht her ungewöhnlich schwer, liegen beide Schreibgeräte sehr gut in der Hand und strahlen eine vornehme Sachlichkeit aus, die schon manches Mal zu anerkennenden Bemerkungen geführt hat.

Dabei sind es No-Name Geräte, der Preis war damals rund 20 DM und sie haben mir all die Jahre treue Dienste geleistet.

Vor kurzem ist mir der Tintenroller runter gefallen, auf einen dicken Teppich. Dabei ist er so unglücklich aufgekommen, daß die Griffzone direkt am Metall gebrochen ist und sich nicht mehr kleben läßt. Lange Suchen im Internetz nach einem gleichen Gerät verliefen ergebnislos. Auf dem goldenen Rand steht zwar „Jaguar“, aber es ist mit Sicherheit kein Schreibgerät dieser Nobelmarke.

Stifte

Zuletzt habe ich bei der Firma Tombow Ersatz gefunden. Die Produktlinie heißt „Havanna“ und ist in verschiedenen Farbausführungen lieferbar. Mir gefällt der oben abgebildete Stift am besten, da er durch die Farbgebung, genannt „Tortoise“, auch dem Namen Ehre macht.

Der Havanna Tintenroller ist nicht so schwer wie mein alter, liegt aber genauso gut in der Hand und ist durch die gummierte Griffzone besser zu halten. Leider sind Ersatzminen recht teuer (1-2 Euro pro Mine), aber vornehm geht die Welt ja bekanntlich zugrunde.

Es gibt so Momente im Leben…

Gestern, beim Verlassen der Tiefgarage fiel mir ein Mann auf, der legalen oder illegalen Substanzen wohl ausgiebig zugesprochen hatte und leicht schwankend auf dem Randstreifen der Ausfahrt stand. Irgendetwas an seiner Haltung kam mir seltsam vor. Da ich aber gegen das Tageslicht fuhr, konnte ich es nicht einordnen.

Dann fiel das Licht meiner Scheinwerfer auf ihn und ich sah, daß er den Hosenstall offen hatte, sein Schniedelwuz raushing und er mit leicht verdrehten Augen pinkelte. Es hatte sich bereits eine große Pfütze vor seinen Füßen gebildet.

Dieses Bild werde ich wohl bis an mein Lebensende nicht vergessen…

 

Info für die neue Kollegin (auch wenn sie es nicht liest)

Wenn man seit dem ersten Tag in der neuen Firma die ganze Zeit am PC hängt und auf Facebook chattet…
Wenn der Chef einen mehrfach darauf hinweist, daß man sich nicht immer auf dort rumtreiben, sondern mitarbeiten, zuhören und lernen soll…
Wenn die Kollegen nach ein paar Tagen einen "No Facebook" Hintergrund auf dem PC installieren…
Wenn man öfters vergißt, sich beim Arbeitsende bei Facebook abzumelden…
Wenn man trotz gegenteiliger Anweisung, mittags nach Hause geht…

Wenn man all das (und noch ein paar Sachen mehr) macht, darf man sich nicht wundern, wenn man nach nur drei Wochen in eine andere Abteilung abgeschoben wird.

Mahlzeit

Früher habe ich die Leute nicht verstanden, die Kaffee zu allem möglichen und unmöglichem getrunken haben. Inzwischen mache ich es ähnlich: heute gab es als Mittagessen eine schöne Tasse Cappucciono, dazu Käsebrot und Mettwurst (frisch vom Metzger).

Mittagskaffee
Bearbeitet mit Camera+ und TiltShiftGen

Leben in der Großstadt

Die folgende Geschichte ist vor gut zwei Jahren passiert, die Notizen dazu habe ich aber erst die Tage wiedergefunden.

Ich bin mit einer Kollegin in der Stadt unterwegs, Gebrauchtmöbel besichtigen. Ein Termin ist in einem Ortsteil, der zwar nicht unbedingt als sozialer Brennpunkt gilt, aber schon recht heruntergekommen ist.
Als wir am Ziel das Haus betreten, schlägt uns muffiger Geruch entgegen. Das Treppenhaus ist dunkel, kaputte Lampen hängen von der Decke herunter, eine defekte Neonröhre flackert. Die Wände sind fleckig, Putz bröckelt herunter, ein paar Stellen mehr schlecht als recht verputzt. Auf der Treppe liegen Stapel von Aldi Prospekten und Werbezeitungen.

Wir gehen die Treppe hoch, dort ist es etwas heller. Das Treppenhaus teilt sich auf einer Empore nach rechts und links. Lange, dunkele Gänge gehen davon ab.
Dort steht eine kleine Frau mit Taschenlampe „Gut, da sind Sie ja. Hier entlang.“ Sie führt uns durch einen der Flure. Nur wenigen Türen sind dort, teilweise stehen Mülltüten davor, der muffige Geruch ist hier viel stärker.

Eine Tür öffnet sich und fahles Licht fällt in den Flur. Ein Mann steckt seinen Kopf raus, guckt uns mißtrauisch an. Die kleine Frau sagt zu ihm etwas auf russisch und der Mann zieht sich wieder zurück.

Am Ende des Ganges öffnet unsere Führerin eine Wohnungstür. Trotz des sonnigen Wetters draußen ist auch die Wohnung dunkel. Im Wohnzimmer zeigt sie auf das einzige Möbelstück im Raum: „Hier ist das gute Stück.“ Es ist ein Riesenteil, ungefähr vier Meter breit und zwei hoch, feinster Gelsenkirchener Barock. Meine Kollegin und ich sehen uns an und schütteln gleichzeitig den Kopf. Dieses Monstrum ist einfach unveräuflich!

Unser Rückweg gleicht mehr einer Flucht und als wir endlich wieder auf der Straße stehen, im Licht und der Verkehr um uns herumbraust, atmen wir tief durch. Die Leute dort im Haus leben wie Steinzeitmenschen in Höhlen. Und das in einer deutschen Großstadt im 21. Jahrhundert!

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