Die Welt um mich herum in Fotos und Texten

Monat: Oktober 2015

Früher war alles besser!

Diese Spruch, in meiner Jugend von älteren Menschen mit Nachdruck und Vorwurf gerne ausgesprochen, hat mich immer genervt. Ich fand die Welt, in der ich lebte, ganz toll so wie sie war.

Heute merke ich, daß mir der Satz auch manchmal in den Kopf kommt. Und dann beiße ich mir auf die Zunge, um ihn nicht laut rauszuposaunen. 
Ich glaube nämlich nicht, daß früher grundsätzlich alles besser war. Es ist wohl eher so, daß man in der Jugend einen engeren Horizont und naturgemäß weniger Erfahrungen hat. Nach der Schulzeit ändert sich das nach und nach. Einige wichtige Erlebnisse, die mein weiteres Leben prägten, hatte ich im Alter zwischen 16 und 25 Jahren: das erste Mal Hard Rock hören, der erste Kuß, der Tod geliebter Menschen und einiges mehr.

Im Nachhinein ist die Aussage „früher war alles besser“ teilweise richtig, weil ich in dieser Zeit viele Dinge gelernt und wichtige Erfahrungen gemacht habe. 

Aber was spricht dagegen, auch heute Neues zu lernen und neue Erfahrungen zu machen? Warum fällt mir das schwer? Könnte es sein, daß ich durch die alltägliche Routine zu sehr abgelenkt bin? Daß mir die Sicht auf und das Empfinden für Neues versperrt ist?

Könnte es sein, daß das Leben, das man als junger Mensch ja erst erfahren und erfüllen muß, in späteren Jahren deswegen schlechter erscheint, weil man oft vorher weiß, wie Sachen ablaufen oder wie Menschen reagieren werden? Daß man die Unbekümmertheit der Jugend verloren hat und deswegen frustriert ist? 

Schreibt mehr Briefe

In unserer heutigen Zeit mit den vielfältigen elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten und der ständigen Erreichbarkeit, scheint Briefe per Hand zu schreiben, veraltet und rückständig. Aber sich dafür Zeit zu nehmen und jemanden mit persönlicher Post zu überraschen, bringt Freude und Befriedigung mit sich.

Um diese alte und kostbare Tradition zu fördern, haben zwei junge Amerikanerinnen vor einigen Jahren die Letter Writers Alliance gegründet. Um ihrem Motto „Schreibt mehr Briefe“ Nachdruck zu verleihen und die Menschen zum Schreiben anzuregen, bieten sie auf ihrer Webseite viele nützliche Kleinigkeiten an: Briefpapier, Stempel, Aufkleber und Stifte sollen Spaß machen und inspirieren.

LWA

Und seit heute bin ich auch offizielles Mitglied der Vereinigung!

 

 

Überleben oder Farbe?

Unser Patenkind leidet am ersten tödlichen Männerschnupfen seines noch kurzen Erwachsenenlebens und wir wollen ihm etwas Gutes tun. Neben Bonbons als Seelentrost sind da natürlich Tempotaschentücher enorm wichtig. 

So steuere ich im Supermarkt zielstrebig das Regal in der Hygieneabteilung an und greife das größte Paket der Firma Tempo heraus. 

„NEIN“, schreit meine Frau entsetzt auf, „das sind doch bunte! Die können wir doch einem Jungen nicht mitbringen!“

„Was?“, gebe ich zurück, „der Bursche soll da reinrotzen, nicht die Tücher angucken!“

Neben mir kichert eine junge Frau „Ja, ja, das sage ich meinem Mann auch immer. Der will sowas auch nicht.“

„Ach, Männer,“ motze ich abfällig, „alles Warmduscher! Sterben an einem kleinen Schnüpferchen, aber ein bißchen Farbe im Leben wollen sie nicht.“

Der Gatte der Dame steht verlegen daneben und murmel mit hochrotem Kopf „Aber ich mag doch keine bunten Taschentücher.“ 

„Na gut“, sage ich, „eigentlich soll man solchen Unfug nicht unterstützen, aber dann nehmen wir halt langweilig weiße. Nicht daß der Junge seelischen Schaden nimmt und ich Ärger mit den Eltern kriege.“

Der Mann seufzt erleichtert auf; wieder ein Leidensgenosse vor Peinlichkeiten gerettet. Seine Frau zwinkert mir amüsiert zu und zieht mit ihm im Schlepptau weiter in die Tiefen des Konsumtempels. 

Auf dem Firmenklo

Gestern nachmittag, beim letzten Klogang vor Feierabend, schlug mit ein seltsamer Geruch entgegen, als ich das Firmenklo betrat.

Nun ist es ja so, daß ich durch Kollegen und Kunden allerlei olfaktorische Attacken gewohnt bin. Das geht von Verwesung bei lebendigem Leib bis zu brutalst möglichem Parfumterror.

Doch was jetzt meine Nase kitzelte, war mir völlig unbekannt. Schnell fand ich die Lösung: die Reinigungsfachkraft wollte uns wohl etwas Gutes tun und hatte Duftstäbchen aufgestellt. Vermutlich Typ Sandelholz.

Eine wohlgemeinte Tat, die jedoch dem tristen Raum mit dunklem Boden, blaßgelber Tapete und weißer Keramik keinerlei Behaglichkeit geben kann.

Foto mit Tadaa bearbeitet

Schwedischer Krimi

Der Mann steht auf einem Hügel und schaut über die endlose, leere Ebene. 

Eine leichte Brise läßt seinen langen Mantel flattern. 

Die Kamera umfährt die Gestalt langsam und zoomt dann auf das Gesicht. 

Eine Träne rinnt dem Mann über die Wange. Er atmet tief, drückt sich die Mütze tiefer ins Gesicht und dreht sich um. 

Während er einen schmalen Weg den Hügel heruntergeht, entfernt sich die Kamera von ihm und zooomt auf, bis seine winzige Gestalt im Wirrwarr der Steine und niedrigen Vegetation verschwindet. 

Im Gedenken an Henning Mankell (1948-2015)

„Glücklich das Volk, dessen Geschichte sich langweilig liest.“

Charles de Montesquieu (1689-1755)
französischer Staatstheoretiker und Schriftsteller

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