In den vergangenen Jahren habe ich auf der Arbeit viele unglaubliche Dinge erlebt. Aber die Kollegen schaffen es immer wieder, die Latte noch ein Stückchen höher zu legen.
Gestern gab es den Auftrag, einen Strandkorb abzuholen. 20 Minuten nach dem vereinbarten Termin rief die Kundin aufgeregt bei uns im Büro an und schildert mir atemlos ihr Problem.
„Hören Sie mal, Ihre Leute waren ja vorhin bei uns, den Strandkorb abholen. Ich war pünktlich, aber die waren so 10 Minuten zu früh da. Deswegen habe ich das nicht alles gesehen. Aber mein Nachbar hat es mir gerade erzählt, hier achten wir nämlich auf einander. Man weiß ja nie, wer durch die Gegend schleicht.
Ihre Mitarbeiter sind einfach in unseren Garten gelaufen und haben sich Äpfel genommen! Die sind wohl auch auf unseren Baum geklettert, denn der hat gewackelt. Dabei ist er nicht ganz stabil, der hätte schlimstenfalls abbrechen können! Und dann sind die Leute auch noch zu meinem Nachbarn in den Garten rüber und haben sich da auch Äpfel genommen. Als er sie verscheuchen wollte, sind sie frech geworden und haben gesagt, sie hätten alles Recht dazu.
Es geht uns ja gar nicht um die Äpfel. Wir haben so viele, die können wir gar nicht alle verbrauchen. Die geben wir gerne ab. Aber einfach selber nehmen geht doch nicht!
Na ja, die Herrschaften waren dann wohl auch nicht mehr gewillt, unseren Strandkorb mitzunehmen und haben gesagt, der wäre ja kaputt und sowas wollten Sie nicht.
Also wissen Sie, das ist keine Empfehlung für Ihre Firma. Sowas macht man einfach nicht!“
Endlich komme ich zum Zug und versuche die gute Frau zu beruhigen. Unser Standardhinweis in solchen Situationen ist, daß die Kollegen nicht unbedingt auf der Sonnenseite des Lebens stehen und einige soziale Defizite haben. Natürlich entschuldigt das nicht ihr Fehlverhalten, nimmt aber oft die Spannung aus der Sache. Ich verpreche der Kundin, den Chef zu informieren und bedanke mich für ihren Rückmeldung.
Als ich dem Chef Bericht erstatte, grinst er gequält. Zu ihrem Pech fahren die Kollegen in diesem Moment auf den Hof und werden von ihm mit den Worten „Was war denn da los?“ empfangen. Ohne zu wissen, welche Infos er hat, versuchen sie, sich wortreich aus der Sache herauszureden. Es wäre alles ganz anders gewesen, das Tor wäre offen gewesen, die Äpfel hätten im Gras gelegen und wären doch sowieso nur vergammelt, in den Baum wäre sie auch nicht geklettert und zum Nachbarn wären sie ja auch nicht frech gewesen. Das alles rettet sie natürlich nicht vor dem verdienten Donnerwetter, das sie schweigend und mit betretenen Gesichtern über sich ergehen lassen.
Nachdem der Chef noch einmal mit der Kundin Rücksprache gehalten hat, gibt er den Leuten die Anweisung, zurückzufahren, sich bei der Frau und ihrem Nachbarn zu entschuldigen und den Strandkorb mitzunehmen, egal, wie er aussieht.
Eine halbe Stunde später sind sie zurück, glücklich lächend, mit einer Tüte voll Pflaumen. „Die haben wir geschenkt gekriegt, weil wir uns entschuldigt haben.“ Na bitte, geht doch!