Die folgende Geschichte ist vor gut zwei Jahren passiert, die Notizen dazu habe ich aber erst die Tage wiedergefunden.
Ich bin mit einer Kollegin in der Stadt unterwegs, Gebrauchtmöbel besichtigen. Ein Termin ist in einem Ortsteil, der zwar nicht unbedingt als sozialer Brennpunkt gilt, aber schon recht heruntergekommen ist.
Als wir am Ziel das Haus betreten, schlägt uns muffiger Geruch entgegen. Das Treppenhaus ist dunkel, kaputte Lampen hängen von der Decke herunter, eine defekte Neonröhre flackert. Die Wände sind fleckig, Putz bröckelt herunter, ein paar Stellen mehr schlecht als recht verputzt. Auf der Treppe liegen Stapel von Aldi Prospekten und Werbezeitungen.
Wir gehen die Treppe hoch, dort ist es etwas heller. Das Treppenhaus teilt sich auf einer Empore nach rechts und links. Lange, dunkele Gänge gehen davon ab.
Dort steht eine kleine Frau mit Taschenlampe „Gut, da sind Sie ja. Hier entlang.“ Sie führt uns durch einen der Flure. Nur wenigen Türen sind dort, teilweise stehen Mülltüten davor, der muffige Geruch ist hier viel stärker.
Eine Tür öffnet sich und fahles Licht fällt in den Flur. Ein Mann steckt seinen Kopf raus, guckt uns mißtrauisch an. Die kleine Frau sagt zu ihm etwas auf russisch und der Mann zieht sich wieder zurück.
Am Ende des Ganges öffnet unsere Führerin eine Wohnungstür. Trotz des sonnigen Wetters draußen ist auch die Wohnung dunkel. Im Wohnzimmer zeigt sie auf das einzige Möbelstück im Raum: „Hier ist das gute Stück.“ Es ist ein Riesenteil, ungefähr vier Meter breit und zwei hoch, feinster Gelsenkirchener Barock. Meine Kollegin und ich sehen uns an und schütteln gleichzeitig den Kopf. Dieses Monstrum ist einfach unveräuflich!
Unser Rückweg gleicht mehr einer Flucht und als wir endlich wieder auf der Straße stehen, im Licht und der Verkehr um uns herumbraust, atmen wir tief durch. Die Leute dort im Haus leben wie Steinzeitmenschen in Höhlen. Und das in einer deutschen Großstadt im 21. Jahrhundert!