Die Welt um mich herum in Fotos und Texten

Kategorie: Beobachtungen (Seite 5 von 9)

Wichtige Erkenntnisse

Ich habe in der Coronazeit ein paar Erkenntnisse gewonnen, die mich nicht unbedingt überrascht, aber doch sehr erfreut haben:

  • ich langweile mich nicht, wenn ich nicht zur Arbeit muss.
    Das war mir grundsätzlich aus jedem Urlaub schon klar, aber diesmal war ein Ende ja erstmal nicht abzusehen.
    Anfangs hatte ich Sorge, daß mir die Zeit lang werden würde, aber schnell habe ich mich umgestellt und lange vernachlässigte Sachen gemacht: Bücher- und Musik-Datenbanken aktualisiert, mehrere Bücher gelesen, Briefe geschrieben, stundenlang Musik gehört.
  • meine Frau und ich streiten uns nicht, auch wenn wir tagtäglich zusammen sind.
    Wenn man die ganze Zeit zusammen in der Wohnung hocken muss, kann es leicht zu Reibereien kommen. Wir haben aber viel gemeinsam gemacht (Gartenarbeit, Fernsehen, kochen und backen) und uns dabei gegenseitig unterstützt und ergänzt.

Das läßt mich noch mehr auf die in ein paar Jahren erreichte Rentenzeit hoffen.

Tag 4 zuhause

Morgens erhalte ich zufällig die Info, daß es im nahen Rewe Klopapier gibt. Bis ich da bin, ist aber schon alles weg. Wenigstens kann ich normales Mehl kaufen.

Danach versuche ich noch im Netto und in 3 Aldi Läden mein Glück, nirgendwo gibt es Klopapier oder Zewas.

Am Supermarkt steht eine lange Schlange Kunden, es ist nur begrenzter Einlass. Mich dort einzureihen, dauert mir jedoch zu lang und so fahre ich wieder.

In allen Läden kleben am Boden vor den Kassen rote oder schwarz-gelbe Linien, um den Kunden das gegenseitige Abstandhalten zu erleichtern. Hinweisschilder bitten zum Schutz der Kassiererinnen um Bezahlung per Karte.

Die Straßen sind so leer wie sonntags. Busse fahren zwar, es sitzen aber fast keine Fahrgäste drin. Die Leute müssen jetzt die hinteren Türen zum Ein- und Aussteigen nutzen, der Fahrer ist durch Planen und Querstangen abgetrennt. So wollen die Stadtwerke ihre Mitarbeiter vor Ansteckung schützen und den Fahrbetrieb so lange wie möglich aufrecht erhalten.

Tag 2 zuhause

Morgens früh kommt eine Nachricht vom Chef rein, daß die Firma auf Weisung des Ministeriums (welches Ministerium überhaupt?) auf jeden Fall bis zum 19. April geschlossen bleibt.

Meine Frau muss zur Blutabnahme zum Facharzt. Ich darf aus Sicherheitsgründen nicht mit rein und warte gut 30 Minuten vor der Praxis in der Kälte.

Danach fahre ich zum Einkauf in den Supermarkt: wieder keine Zewas und Klopapier zu kriegen, sehr wenig Mehl (ich kaufe ein Paket Type 1050) und wenig Flüssigseifen.

Vergeblich versuche ich, im nahgelegenen Aldi Klopapier zu kriegen. Dort haben sie die Stellen, an denen sonst das Klopapier steht, mit drei Paletten Chips belegt. Das soll wohl die Optik des Gangs verbessern.

Alles ändert sich

Früh morgens kriege ich eine Nachricht vom Chef: laut Anweisung der Bereichsleitung müssen wir erst mal normal weiterarbeiten. Andere Bereiche, in denen enger und mit mehr Menschen zusammengearbeitet wird, sind teilweise schon seit Freitag geschlossen.

Ich fahre mit gemischten Gefühlen ins Büro.

Nach intensiver Beratung zwischen Bereichsleitung und Geschäftsführung wird meine Abteilung gegen 9:30 Uhr doch geschlossen. Die Kollegen ziehen mit betretenen Gesichtern ab, sie verlieren jetzt das Gehalt aus ihrem 1-Euro-Job und vor allem die Trinkgelder.

Im Büro sagen wir über 2 Stunden lang alle Termine bis Ostern ab. Dadurch verlieren wir gut 9.000 Euro Einnahmen. Macht sich im Moment auch nicht gut, der Jahresanfang ist immer etwas schwierig und holprig.

An der Zentrale liegen Verhaltenshinweise in mehreren Sprachen aus. Kollegen mit Betriebshandy dürfen Home Office machen, die anderen müssen vor Ort arbeiten.

Gegen 12:30 verlasse ich als Letzter das Büro und gehe noch einkaufen. Die Straßen sind leer wie Sonntag Mittag, am Supermarkt alle Parkplätze belegt. Aber die Leute verhalten ruhig, keiner drängelt. Wasser, Fanta, Katzenfutter und Streu gekauft.

Die Stimmung ist seltsam, so als wäre das Leben plötzlich eingefroren.

Ein gewöhnlicher Freitag abend

Ab Montag sind in NRW alle Schulen und Kindergärten geschlossen. Die Osterferien werden so um drei Wochen vorgezogen bzw. verlängert. Die Schüler sollen so weniger zur Verbreitung des neuartigen Grippevirus beitragen.

Während meine Frau im Nagelstudio sitzt, kaufe ich im Netto ein. Auch dort ist Klopapier total ausverkauft. Lange Schlangen an der Kasse, vermutlich greifen die Leute Vorrat für die verlängerten Ferien.
Vor mir kauft eine Kundin eine Packung merci Schokolade und läßt sie der Kassiererin liegen „Als Dank, weil Sie hier weiterarbeiten und für uns da sind.“ Die Frau bedankt sich mit leuchtende Augen „Die teile ich mit meinen Kollegen.“

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