Zu Weihnachten hatte die Tante wieder zum Essen eingeladen. Diesmal fand es im Speisesaal ihres Heims statt. Wobei „Speisesaal“ etwas untertrieben ist, da das Ganze sehr nach Restaurant aussieht mit abgeteilten Ecken und freundlicher Bedienung am Tisch.

Gut, ich habe schon ein paar Unterschiede zu den Profis in der Gastronomie bemerkt. Die Vorsuppe war über den Tassenrand geschlabbert, keine einheitlichen Gläser auf dem Tisch und das Besteck war auch bunt zusammengewürfelt. Aber alles war mit Liebe zubereitet und wir haben uns sehr wohl gefühlt.

Was uns allerdings störte, waren die Leute am Nebentisch. Dort saß eine alte Dame mit ihren Kindern und Enkelkindern. Dem Aussehen und Verhalten nach waren es „gehobenere“ Kreise, vornehme Leute.

Doch sie behandelten die nette Dame wie ein kleines Kind, sprachen gestelzt mit ihr. Dabei war sie nicht verwirrt sondern saß vergnügt in ihrem Rollstuhl und nahm rege am Gespräch teil. Nach dem zu urteilen, was wir mitkriegten, redete die Dame auch kein wirres Zeugs. Sie hörte wohl schlecht und gab deswegen nicht immer die richtige Antwort oder fragte nach.

Ihren Verwandten war die Heimsituation oder die deutliche Hilfsbedürftigekeit von Mutter bzw. Oma scheinbar unangenehm. Anders läßt sich das seltsame Gebahren nicht erklären. Höflich und liebevoll war es jedenfalls nicht. Leute gibt’s…