Die Welt um mich herum in Fotos und Texten

Kategorie: Stadt (Seite 6 von 35)

Der Bettler

Vor der Filiale einer Bank, dem Abbild von Protz und Punk, dem Tempel der Eliten und gelangweilten Reichen, sitzt ein Bettler.

Zu dieser frühen Morgenstunde sind erst wenige Menschen in der Stadt unterwegs, so daß der Erfolg des Mannes zweifelhaft scheint.

In fleckiger Jeans und schwarzer Daunenjacke kniet er hoch aufgerichtet auf einem Kissen, das er gegen den Straßenschmutz in bunte Mülltüten gepackt hat. Mit gesenktem Kopf hält er den Passanten eine schwarze Basecap entgegen.

Als ich an ihm vorbei gehe, trifft mich ein Blick aus wasserblauen Augen.

Diese eine Frage

Ich lade gerade ein paar Einkäufe ins Auto, da erklingt eine angenehme Frauenstimme neben mir.

„Junger Mann…“, sagt sie.

„Oha“, schießt es mir durch den Kopf, „jemanden mit weißen Haaren ‚jung‘ zu nennen, ist mal eine andere Art der Ansprache. Bin gespannt, was folgt.“

„… hätten Sie vielleicht ein paar Cent für mich?“

Jep, da ist sie, die ewig gleiche Frage.

Ich schaue auf und sehe eine junge Frau ein paar Schritte entfernt stehen. Mit kurzen blonden Haaren, grüner Daunenjacke und Jeans wirkt sie wie eine Studentin.

„Nein, ich habe nichts“, antwortete ich und das ist nicht gelogen, da ich den Einkauf mit Karte bezahlt und deswegen kein Bargeld mitgenommen habe.

„Danke, vielen Dank, ich danke Ihnen“, murmelt die Frau und ist zwischen den parkenden Autos verschwunden.

Einen Moment bin ich ratlos: ich habe nichts getan, was ihren Dank rechtfertigen würde. Und soll ich in Zukunft für solche Fälle immer ein paar Münzen in der Tasche haben? Wäre es unverschämt oder zynisch, mein Gegenüber nach seinem Paypal Konto zu fragen?

Eine zufrieden stellende Lösung fällt mir nicht ein.

Weihnachtsstress

Daß Weihnachten bei vielen Leuten zu Streß führt, ist hinlänglich bekannt. Und so bekam ich heute eine Kostprobe frei Haus geliefert.

Ich bin entspannt mit dem Auto unterwegs, um noch ein paar Dinge zu erledigen. An einer Kreuzung will ich rechts abbiegen und muß die querenden Fußgänger durchlassen. Während ich warte, daß die Meute die Straße frei gibt, steht plötzlich ein alter Mann von meinem Auto.

Wild gestikulierend und schimpfend bedeutet er mir, stehen zu bleiben. Dabei schwingt er seinen Krückstock so bedrohlich hin und her, daß ich fürchte, er prügelt damit gleich auf meine Motorhaube ein.

Mir klappt vor Verblüffung die Kinnlade runter. Die anderen Passanten gucken teils irritiert, teils amüsiert dem Alten hinterher.

Ich überlege kurz, die Seitenscheibe runterzulassen und ihn zu fragen, ob er heute morgen seine Pillen vergessen hat, entscheide mich aber dagegen. Nicht, daß er das zum Anlass nimmt und als randalierender Rentner mein Auto demoliert. So kurz vor den Feiertagen kann ich darauf gerne verzichten. Außerdem ist inzwischen der Weg für mich frei und so lasse ich diesen seltsamen Vorfall schnell hinter mir.

Nach dem Einkauf

Wir kommen mit vollem Einkaufswagen aus dem Supermarkt zum Auto zurück und sind überrascht: ganz dicht neben uns in Parklücke steht ein PKW, so daß weder ich die Einkäufe einladen noch meine Frau einsteigen kann. Daß der Fahrer unberechtigt einen Behindertenparkplatz belegt, ist da nur noch das Sahnehäubchen. 

Bevor wir unnötig Zeit vertrödeln, gehe ich zur Information und schildere der freundlichen Mitarbeitern unser Problem. „Na, da sorge ich mal für Abhilfe“, meint sie und ruft den Fahrer des Wagens kurz und knapp aus. 

Einige Minuten später schlendert ein junger Mann heran „Entschuldigung, ich bin gleich weg.“

„Na, junger Mann“, tröte ich ihm entgegen, „voll scheiße geparkt, was?“

„Tja“, meint er ungerührt, „kann schon mal passieren.“, wirft seine Einkäufe ins Auto und steigt ein. Er murmelt noch „n bißchen freundlich geht aber auch“ und ist weg. 

Manche Leute haben echt kein bißchen Unrechtsbewusstsein: nicht nur, daß der Knabe einen Schwerbehindertenparkplatz versperrt und viel zu dicht am nächsten Fahrzeug parkt, nein, er ist auch noch total beleidigt, wenn man ihn auf sein Fehlverhalten hinweist. 

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