Die Welt um mich herum in Fotos und Texten

Kategorie: Allgemein (Seite 9 von 36)

Mal wieder so ein Anruf

Ich bin in der Küche und mache, was ein Mann in der Küche so macht, als das Telefon klingelt.

Ein kurzer Sprint ins Wohnzimmer „Ich hasse Telefone! Wo ist denn jetzt schon wieder das verdammte Ding?“. Der Blick auf das Display zeigt mir eine unbekannte Handynummer: 0163… Hm…

„Ja?“ belle ich in den Hörer. Schweigen am anderen Ende, Geraschel und ferne Stimmen.

Ich will schon entnervt „Hallo? Wer ist da?“ brüllen, da nölt mir eine unangenehme Frauenstimme ins Ohr „Haaaiiiiii! Hier Melanie Laaang von Bloomberg Inveeest. Spreche ich mit Herrn Martiiiin?“

Na toll! Ein Spam Anruf! Wie ich mich darauf gefreut habe. „Boah, Alte“, denke ich, „halt die Fresse!“

Vor meinem geistigen Auge sehe ich eine auftoupierte Blondine, Kaugummi kauend, mit langen rot lackierten Fingernägeln lässig an einem Schreibtisch lehnen.

Bevor ich unhöflich werde, grunze ich ein wütendes „Schönen Tag noch!“ in den Hörer und lege auf.

Mit solchem Blödsinn soll ich mich am heiligen Samstag Vormittag herumärgern? Also wirklich!

Eine unglaubliche Geschichte

Eben klingelt es an der Tür und über die Gegensprechanlage antwortet mir jemand „Ich habe ein Paket für Ihre Frau.“

„Hm, so höflich ist doch kein Paketbote, das kann ja nur ein Nachbar sein“, drücke auf und tatsächlich tänzelt ein Mann mittleren Alters in T-Shirt, kurzer Hose und Baseballkappe auf dem Kopf die Treppe herunter.

Weiterlesen

Die Impfung, Teil 5

Heute gab es die 2. Spritze. Nachdem vorher ein paar Unklarheiten wegen Ort und Zeit bestanden, erhielt ich letzte Woche ein Email mit den nötigen Unterlagen und der freudigen Mitteilung, daß ich wieder ins örtliche Impfzentrum kommen darf.

Diesmal war es etwas voller und der Ablauf deutlich bürokratischer:

  1. Kontrolle an der Einfahrt zum Gelände
  2. Kontrolle vor dem Parkplatz „Haben Sie Ihre Impfeinladung dabei?“, dann Einweisung zum Parken vom nächsten Security Mann
  3. Kontrolle vor dem Impfzelt „Bitte einmal hier die Hände desinfizieren.“
  4. Kontrolle inkl. Personalausweis direkt am Eingang, ein paar Schritte weiter wird meine Temperatur gemessen, Frage nach dem werten Befinden und Zutrittserlaubnis

Das Impfzentrum ist gegenüber meinem ersten Besuch umgestaltet worden: nach dem Eingangsbereich kommen 10-15 Schreibtische, die sich an beiden Wänden des Zeltes gegenüberstehen. Dort sitzen Mitarbeiter hinter Plexiglasabtrennungen an Computern.

Erneute Kontrolle meiner Impfunterlagen und des Personalausweis sowie Eingabe meiner Daten in einen PC „Sie haben beim letzten Mal Astra gekriegt. Sind Sie schon über 60?“ – „Ja, 63.“ – „Ok, dann kriegen Sie wieder Astra.“

Der freundlich Mann geleitet mich zu einer weiteren Mitarbeiterin „Der Herr kriegt Astra“, sie tippt etwas auf einem Touchscreen ein und gibt mir einen Ausdruck. „Bitte warten Sie hier nebenan.“

Im Warteraum sitze ich mit einigen älteren Herrschaften zusammen. Auf einem großen Bildschirm läuft in Endlosschleife ein Aufklärungsfilm des Gesundheitsministeriums zum Impfablauf. Über allem liegt lautes Stimmengewirr, Schritte, Knarren des Holzbodens und ein undefinierbares Geklapper.

Alle paar Sekunden kommt ein Mitarbeiter hinter einer Abtrennung hervor und ruft eine Nummer „B102, B103, B104…“, worauf sich eine der Herrschaften erhebt und hinter dem Mann hertrottet. Da es alles deutlich über 70 Jahre sind, folgere ich messerscharf, daß sie mit Biontech geimpft werden. Die schnöde A9 auf meinem Zettel steht dann für AsteaZeneca und der neunte Empfänger heute.

Als ich endlich dran bin, kontrolliert der Impfarzt nochmal meine Unterlagen, fragt wie ich die letzte Impfung vertragen habe und schon steckt die Spritze in meinem Arm.

Jetzt warte ich auf den versprochenen 5G Empfang…

Die Impfung, Teil 4

Als ich Anfang März geimpft wurde, sagte mir der Arzt, daß sich der zweite Termin um drei Wochen nach hinten verschieben würde und ich mich deswegen mal bei der Stadt erkundigen solle.

Da die Impfhotline allgemein sehr schlecht erreichbar ist, habe ich es zur Kenntnis genommen und mich nicht darum gekümmert. „Wenn die was von mir wollen, sollen sie sich halt melden.“ Und tatsächlich erhielt ich Ende März ein Mail mit dem neuen Termin. „Na bitte, geht doch!“ dachte ich.

Vor vier Wochen hörte mein Frau dann im Lokalradio, daß Zweitimpfungen nicht mehr im Impfzentrum verabreicht werden, sondern von bestimmten niedergelassenen Ärzten. Die Webseite der Stadt erklärte allerdings, daß es nur für Personen unter 60 Jahren gelte, für über 60 jährige solle sich nichts ändern.

Vor drei Wochen hieß es, daß jetzt auch Personen über 60 für die Zweitimpfung zu einem niedergelassenen Arzt müssen. Dieser würde sich per Email melden.

Da meine Zweitimpfung inzwischen nur noch zwei Wochen entfernt ist und ich immer noch keine Info habe, wo und wann ich erscheinen soll, habe ich heute nochmal auf der Webseite der Stadt nachgesehen. Und da stand, daß ab Juni Personen über 60 Jahre doch wieder im Impfzentrum die zweite Spritze kriegen. Hoffentlich bleibt es jetzt dabei!

Fazit: Chaos ist noch eine milde Umschreibung…

1. Mai 1921

Heute wäre Vater 100 Jahre alt geworden. Er wollte damit seine Tante einholen, die kurz vor ihrem 101. Geburtstag gestorben war. Leider hat er sein Ziel nicht erreicht.

Geboren und aufgewachsen zwischen den Weltkriegen, hat er wohl eine gute Kindheit gehabt. Zusammen mit vier Schwestern, den Eltern und seiner geliebten Großmutter wuchs er am Rande der Großstadt auf.

Natürlich haben die Jungs auch damals schon viel Unfug getrieben. Und einmal ist Vater gegen die ausdrückliche Anweisungen seiner Mutter über eine Mauer geklettert oder darauf balanciert, hat dabei das Gleichgewicht verloren und ist gefallen.
Da er den Zorn der Mutter fürchtete, hat er nichts gesagt und seine Schmerzen runtergeschluckt. Der Erfolg war, daß er durch dieser Verletzung bis zu seinem Lebensende immer mal wieder Probleme mit dem Knie hatte.
Deswegen hat er uns Kindern später beigebracht, egal welchen Blödsinn wir angestellt hatten, wir konnten jederzeit alles ohne Angst vor Strafe den Eltern beichten.

Der größte Einschnitt in seinem Leben war sicher der Einzug zum Militär mit Anfang Zwanzig. Er erlebte dort Kameradschaft, Zusammenhalt und die Schrecken des Krieges. Nach Ausbildung zum Flak-Schützen ging es über Italien und Jugoslawien bis nach Griechenland. Er hat nicht so viel über die Zeit gesprochen, doch einige Erlebnisse ließen ihn nicht los und er hat mir im Laufe der Jahre davon erzählt.

So wurde auf dem Weg durch Jugoslawien ein Fahrzeug seines Konvoi durch einen Sprengfalle beschädigt. Der Wagen wurde zur Reparatur ins nächste Dorf geschleppt und die SA erfuhr von dem Vorfall.
Sie trieben ein paar Bewohner zusammen, die Vater und seine Kameraden bewachen mußte. Es waren einfache Leute, Bauern, die unter den Folgen des Krieges litten. Durch Vaters „Unachtsamkeit“ entkamen zwei dieser Leute und die Truppe erhielt eine Standpauke eines SA Offiziers. Man holte Ersatz und später erfuhren sie, daß man die Menschen zur Abschreckung und Vergeltung für den Schaden aufgehängt hatte.

Kurz vor Ende des Krieges, lagen sie in Griechenland 24 Stunden unter russischem Beschuss. Die versprochene Hilfe kam nicht und etliche von Vaters Kammeraden starben an diesem Tag.

Diese und ähnliche Erlebnisse machten aus ihm einen überzeugten Pazifisten und er engagierte sich in der Gemeinde und bei der Telefonseelsorge.

Vater hatte eine einzigartige Gabe: unter seinen Händen erwachten defekte Kleingeräte (Wanduhren, Kassettenrekorder, Radios, und ähnliches) wieder zum Leben. Oft sahen die Sachen etwas anders aus als vorher, hatten zusätzliche Schalter, Buchsen oder Anschlüsse für Batterien, aber sie funktionierten perfekt und jahrelang weiter.

So haben wir Kinder gelernt, daß man seine Sachen pfleglich behandelt und schätzt und kaputte Dinge nicht direkt weggeworfen werden müssen, sondern man sich erstmal um eine Reparatur bemüht.

Sein ganzes Leben war Vater aktiv, pflegte den Garten, reparierte im und am Haus viele Sachen. Auch als Rentner legte er die Hände nicht in den Schoß: er lernte Funken mit allen dazu gehörenden Lizenzen und begann sich in die Welt der Computer einzuarbeiten.

Daneben waren Vater und Mutter viel auf Reisen: Griechenland, Frankreich, Schweiz, Kreta und viele Orte in Deutschland waren ihre Ziele. Und als Mitglieder bei den Naturfreunden legten sie manchen Kilometer zurück.

Auch wenn er in den letzten Jahren durch Mutters Krankheit und vor allem nach ihrem Tod langsam seinen Lebensmut verlor, kann man mit Recht sagen, daß mein Vater ein erfülltes Leben hatte.

« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »

© 2025 51 Nord

Theme von Anders NorénHoch ↑