Gestern nachmittag hörte meine Frau hinter dem Haus Stimmen und wunderte sich, weil es ja noch zu früh für Gartenarbeiten ist.
Ein Blick nach draußen brachte Klarheit: dort turnte ein Polizist auf einer Leiter herum, kletterte auf den Balkon der Nachbarin in der ersten Etage und klopfte lautstark an das Fenster. „HALLO! HÖREN SIE MICH? HIER IST DIE POLIZEI!“
Auch im Treppenhaus waren Klopfen und Rufen zu hören. Besorgt ging meine Liebste raus und fragte nach der Ursache.
Bei der alten, wunderlichen und schwerhörigen Nachbarin sollten Handwerker was reparieren. Der Termin war mit der Frau abgesprochen und sie sagte, sie wäre dann zuhause.
Aber niemand öffnete den Arbeitern. Auf Klingeln und Klopfen gab es keine Reaktion. Da die Dame dem Vermieter keinen Ersatzschlüssel zu ihrer Wohnung erlaubt hatte und auch keiner ihre Telefonnummer kannte, war es nicht möglich, nach dem Rechten zu sehen.
In großer Sorge um die Mitbewohnerin hatte man dann die Polizei gerufen.
Eine andere Nachbarin hatte die Frau am Vormittag noch gesehen und so war laut Polizei keine Gefahr im Verzug und es bestand keine Veranlassung, die Wohnungstür aufzubrechen.
Inzwischen waren die Handwerker abgezogen, weil der nächste Kunde wartete. Darüber war der Vermieter verärgert, weil er nun einen neuen Termin vereinbaren mußte.
In dem Moment brüllte der Beamte draußen auf der Leiter „ENTWARNUNG, DIE SITZT DRINNEN VORM FERNSEHER!“
Nach weiteren langen Minuten mit Klopfen und Rufen, öffnete die alte Nachbarin endlich die Tür und fragte unwirsch „Wassn los hier?“
„Die Handwerker waren da, aber Sie haben nicht aufgemacht.“
„Ich hab ferngesehen, ich hab nix gehört.“ Kollektives, genervtes Aufstöhnen.
„Frau X., so geht das nicht.“ sagte der Vermieter „Ich werde die Tage einen Ersatzschlüssel für Ihre Wohnung machen lassen. Ist ja nur für Notfälle, aber so etwas wie heute will ich nicht noch einmal erleben.“
„Aber ich bin doch den ganzen Tag zuhause.“
„Mag sein, aber Sie haben ja nichts gehört.“
Auch die Polizeibeamten schalteten sich ins Gespräch ein und ermahnten Frau X eindringlich, solche Vorkommnisse in Zukunft in ihrem eigenen Interesse zu vermeiden.
„Aber ich bin doch immer zuhause…“ versuchte sie weiterhin abzuwiegeln.
So ging es noch einige Zeit hin und her, bevor der Vermieter mit einem energischen „So, die Sache ist erledigt. Sie wissen Bescheid, ich mache einen neuen Termin mit den Handwerkern und lasse einen Ersatzschlüssel anfertigen.“ dem Ganzen ein Ende bereitete.
Die Menge zerstreute sich schnell, während Frau X. noch einmal versuchte, die Änderungen abzuwehren. Ihre Worte hallten jedoch nur im jetzt leeren Treppenhaus wider.